STREAKRUNNING – MEIN GANZ PERSÖNLICHES LAUFTAGEBUCH

„Have you heard about the new run craze? Listen to us, I'm sure you'll be amazed. Big fun to be had by everyone. It's up to you, it surely can be done…”*

Januar 2019: Le Streak, c'est chic. Die Zeitschrift RUNNER'S WORLD hat wie schon im Vorjahr zum JANUAR STREAK aufgerufen. Natürlich geht’s ums Laufen – konkret in diesem Monat: jeden Tag! … Streakrunning nennt man das.

Das englische Wort Streak -wird [stri:k] gesprochen- bedeutet übersetzt u.a. Streifen oder Serie. Als Streak-Runner bezeichnet man alle, die an sieben Tagen in der Woche, quasi Tag für Tag in möglichst langer Serie, über mehrere Wochen, Monate und auch Jahre hinweg JEDEN TAG die Laufschuhe schnüren. Streak out!

Streakrunning – Die Regeln für das Täglichlaufen:

“Young and old are doing it, I'm told. Just one try and you too will be sold. It's called ‚The Streak‘, they're doing it night and day. Allow us, we'll show you the way… Ah, freak out!”*

Die Regeln für das Täglich-Laufen, aufgestellt von der United States Running Streak Association (USRSA), lauten vereinfacht zusammengefasst:

Jeden Tag wird zwischen 00:00 und 24:00 Uhr mindestens eine zusammenhängende Meile (1,61 km) gelaufen, ohne technische Hilfsmittel (ausgenommen Prothesen) oder die Unterstützung fremder Personen. Detaillierte Informationen zu dem Thema bietet z.B. das Streakrunning Forum streakrunner.de.

Auf den ersten Blick sind die Bedingungen doch ein Klacks, oder? Laufen ist Teil unserer Genetik, eine von der Natur programmierte Notwendigkeit. Für unsere Vorfahren war Laufen überlebenswichtig, “heutzutage” dient es der Gesundheit und hält fit.

Streakrunning – ein Selbsttest:

“All that pressure got you down. Has your head been spinning all around? Feel the rhythm, check the rhyme. Come on along and have a real good time.”*

Ich liebe das Laufen. Es ist von klein auf meine große Leidenschaft und schon immer fester Bestandteil meines Alltags. Mein Herz-Kreislauf-System, die Muskeln, Sehnen und Bänder sind daran gewöhnt. Täglich laufen – na klar! Vor ein paar Monaten wäre mir eine Streak Run “Challenge” nicht bedeutungsvoll genug gewesen. Leider haben eine Verletzung an meinem linken Fuß und hartnäckige Rückenprobleme 2018 dann Laufen zeitweise unmöglich gemacht… Seit Mitte Dezember trabe ich vorsichtig wieder – daher wird der #rwjanuarstreak mein Test zum Wiedereinsteig nach einer langen, verletzungsbedingten Pause.

Dann mal los, liebes Lauftagebuch… Now streak!

Streakrunning – Di. 01.01.2019:

Frohes Neues! Wir verbringen den Jahreswechsel an der Ostsee, daher starte ich meine Laufserie an der Strandpromenade in Travemünde. Noch fühle ich mich ähnlich zerknittert wie die Silvester-Deko, die mir um kurz vor 10 aus den Fenstern der Hotels, Restaurants und Ferienwohnungen übernächtigt nachschaut. Doch bereits nach dem ersten Anstieg hoch zum Aussichtspunkt Hermannshöhe bin ich munter. Die Sonne blitzt durch die Bäume, und der Wind pfeift mich wach. Ausser mir ist kaum jemand unterwegs. Ich genieße den Ausblick aufs Meer zu meiner Rechten und das Grün um mich herum. Vorbei an einem Golf-Abschlagplatz, laufe ich immer entlang des Brodtener Steilufers bis nach Niendorf – das letzte Stück dort im Sand. Ich stoppe kurz an der Niendorfer Seebrücke, um die Möwen zu beobachten und mich zu dehnen – dann geht's auf demselben Weg zurück, plus eine kleine Extra-Runde beim Travemünder Fähranleger, um die Kilometer auf der Uhr voll zu machen… klarer Fall von Neujahrsmotivation! (13,02km)

Streakrunning – Mi. 02.01.2019:

Neues Jahr, neue Strecke – bzw. gleiche Strecke wie Neujahr, denn wir sind noch eine stürmische Nacht geblieben. Heute habe ich Begleitung von meinem Partner Olli. Aufgrund der schönen Aussicht führe ich ihn wieder am Steilufer entlang, auch wenn man heute aufpassen muss, nicht hinunterzuwehen – gut dass wir zumindest schon einen Kaffee im Bauch haben! In Niendorf machen wir einen Abstecher durch die Ortschaft, da der Strand untergetaucht ist. Am Vortag war ich noch begeistert, wie schnell der Sand morgens von den Knaller- und Raketen-Rückständen der Silvesternacht gereinigt worden war, doch heute gleicht der Strand erneut einem Schlachtfeld, allerdings einem überfluteten. Der nächtliche Sturm hat alle Mülleimer umgeweht, sodass die Plastiktüten nun im schlammigen Wasser treiben, weit verteilt schwimmt der Unrat. Die dreckigen Wellen platschen auf die Strandpromenade als wir nach 13,37km zum Frühstück abbiegen. (13,37km)

Streakrunning – Do. 03.01.2019: 

Zurück an der Elbe klingelt der Wecker wieder sehr viel früher als an der Ostsee, gefühlt mitten in der Nacht. Doch Gewohnheiten sind mächtig, und mein Körper hat sich mit den Jahren an frühes Aufstehen gewöhnt. Haha, Bullshit, wird er nie…! Doch irgendwie funktioniert dann doch wieder alles wie auf Autopilot, und plötzlich trete ich laufbereit vor die Haustür. Die Stirnlampe erhellt mir den Weg durch die Dunkelheit. Heute unterbreche ich meinen Lauf allerdings, Zwischenstopp: Yogastunde. Beim anschließenden Auslaufen baue ich ein Treppen-Workout am Dockland ein und genieße die Ausblicke am Hafen. So eine sportliche Mischung zum Start in den Tag mag ich besonders, merke aber, dass Tempo und Kondition noch sehr zu wünschen übrig lassen. So ein Wiedereinstieg ist zäh… (15,07km)

Streakrunning – Fr. 04.01.2019:

Heute habe ich mir zur Motivation meinen Laufkumpel Holger für die Mittagspause geschnappt, außerplanmäßig mal am Freitag. “Normalerweise” treffen wir uns immer mittwochs in Övelgönne, doch 2018 war leider Vieles nicht normal… Wir laufen und quatschen dann treppauf/treppab die Elbe entlang bis zum Ponton op’n Bulln in Blankenese und zurück. Das sind immer um die 15km plus Ein-/Auslaufen in rund 5er Pace – falls mal jemand mitkommen mag… Der Typ ist superlustig, uuunheimlich gutaussehend und -Stand Januar 2019- Single! (17,34km)

Streakrunning – Sa. 05.01.2019: 

High noon. Das heutige Lauf-Ziel lautete 1.000 Höhenmeter zurückzulegen. Jo. In Hamburg ist das mit den Höhenmetern nicht ganz einfach, aber mit ein bisschen Verrücktheit und entsprechender Begleitung (ca. 10 Leute) schafft man das. Am Waseberg in Blankenese kann man innerhalb von etwa 500 Metern Strecke knapp 75 Höhenmeter sammeln (⌀ 15% Steigung). Also los! Nach 14 Runden mit je 1,1km Länge hatten wir die 1.000 Höhenmeter voll – und die Beine leer. Megagut! Mit ein bisschen Einlaufen ab meinem Fahrradparkplatz standen 19,34km und, wegen einer Ehrenrunde, sogar 1.228 Höhenmeter auf der Uhr. (19,34km)

Streakrunning – So. 06.01.2019:

Endlich wieder Treffen der Trailrunning Hamburg Harburger Berge Gruppe(n) ( Trailrunning – Federleicht und Trittsicher)! Zur Wahl standen 10km flott, 10km gemütlich, 20km flott, 20km gemütlich, 30km flott, 30km gemütlich… ICH habe allerdings keine Wahl. Mein innerer Schweinehund wollte heute -nach gestern- einfach mal die gemütliche Mitte, doch dazu gibt’s ein Veto vom Orga-Mann Micha M.: “Du machst die FLOTTE 20er Gruppe!” Daaanke. Ja. War perfekt. Manchmal brauche ich ‘nen Tritt. (19,11km)

Streakrunning – Mo. 07.01.2019: 

Ich begleite Olli im Training für seinen ersten Halbmarathon. Er läuft noch nicht lange, und der Köhlbrandbrückenlauf letzten Oktober war sein erster offizieller Wettbewerb über 12,3km – erfolgreich gefinisht, yeah! Heute habe ich für ihn ein paar Hügel im Programm. Die Kilometer-Anzahl (8,05km) ist dabei einstellig geblieben, was mich zwar immer etwas hibbelig werden lässt, aber manchmal muss man sein eigenes Training etwas hinten anstellen. Nach ein paar anschließenden Kraftübungen bin ich auch ausgelastet. (8,05km)

Streakrunning – Di. 08. – Mo. 14.01.2019:

Die zweite Woche, Di. 08. – Mo. 14.01.2019, verläuft ähnlich bunt wie die erste. Ich rennpendel (run-commute) und versuche, mein Training so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Die Distanzen variieren zwischen 10 und 20 Kilometern. Laufen macht mir Spaß und wird beinahe zu schnell wieder zur Selbstverständlichkeit. Einzig die Tatsache, dass mein Laufstil noch nicht ganz rund aussieht, und sich alles ab 15km wie ein Long Run anfühlt, zeigt, dass ich nicht fit bin und mein Körper sich noch an die Schmerzen erinnert. Ich mache mir jeden Tag bewusst, dass es eben nicht selbstverständlich ist, was er so alles leistet. Was mir dabei hilft, es dosiert anzugehen und nicht zu übertreiben, ist das gelegentliche Begleiten meines Freundes beim Laufen – ganz ohne Leistungsdruck, den ich mir sonst zu oft selbst auferlege. Ich genieße mit Olli auch das gedrosselte Tempo und freue mich über seine Fortschritte. Mitte der Woche kann ich ihm zu einem neuen Rekord verhelfen – er hat erstmals 14km geknackt, und ich bin stolzer Coach. 🙂 (12,02km/14,19km/12,02km/16,03km/15,60km/13,01km/17,25km)

Streakrunning – Di. 15.01.2019:

Täglich grüßt das Schietwetter… Zwar bleiben Eis und Schnee (wie er z.B. in Bayern gerade Sorgen bereitet) bisher aus, allerdings werden Schönwetterläufer im Januar in Hamburg auch auf eine harte Probe gestellt. Jo. Laufen ist nunmal nicht immer Glanz und Gloria, es wird einfach gemacht – zu schlechtes Wetter zum Laufen gab es vor meinem Streak-Vorhaben schon nicht und jetzt erst recht nicht. Das Antüdeln braucht seine Zeit, doch da das Laufband für mich keine Alternative ist, stelle ich meinen Wecker halt etwas früher. Auch brauche ich mittlerweile länger zum Aufwärmen – vorbei sind die Zeiten, als ich morgens aus dem Bett gesprungen und direkt losgerannt bin. Übungen für Rücken und Fuß habe ich mittlerweile fest ins Pre-Run-Programm aufgenommen. Man wird nicht jünger. (11,15km)

Streakrunning – Mi. 16.01.2019:

Mittwochs-Mittagspausen-Date mit dem Elblaeufer. Diese Läufe sind immer sehr kurzweilig und unterhaltsam. Unsere Themen sind breitgestreut. Heute sprechen wir über die Saisonplanung, über Urlaub, Job, Parship und Pilates… auch Holgers 100jährige Oma wird erwähnt, und ich denke an meinen Onkel, der schon sehr lange sehr krank ist. Viel erzähle ich nicht von ihm, nur dass ich, weil ich nicht wusste, ob ich's schaffe, ihn in so schlechtem Zustand zu sehen, bei meinem letzten Heimatbesuch nicht zu ihm ins Krankenhaus gefahren bin, und mir seitdem Gedanken mache, wie feige das ist… So gedankenverloren bemerke ich während des Laufs nicht, dass meine Ma versucht, mich zu erreichen. (17,09km)

Streakrunning – Do. 17.01.2019:

Tja. Nicht so viel denken – ich hätt's einfach machen (und ihn besuchen) sollen…! Gestern ist mein Onkel gestorben. Mit einem großen Kloß in der Kehle mache ich heute, anstatt wie sonst donnerstagmorgens die 7,5km zum Yoga zu laufen, einen ganz langsamen Spaziergang dorthin, Podcast auf den Ohren. Ich bin niedergeschlagen und zu kraftlos zum Laufen – außerdem spricht ein Termin gleich im Anschluss an die Yogastunde gegen nasses Sportzeug. Nach dem Abarbeiten des Tagesgeschäfts denke ich am Abend an den Streak. “Lucky streak” heisst übrigens Glückssträhne… Auch wenn ich mich heute weder glücklich fühle noch Lust auf Laufen habe – die Strähne will ich nicht abreissen lassen. Wenn ich etwas angefangen habe, zieh’ ich’s auch durch, und einen Tag zu pausieren ist beim Streaken nunmal nicht erlaubt; Gehen oder Walken zählt ebenfalls nicht. Die eine Meile Mindestdistanz würde ich “abhaken”. Einfach ziellos um den Block zu laufen, ist mir allerdings zu blöd, sodass ich mich spontan dazu entschließe, um 19 Uhr zum Outdoor Bootcamp zu rennen. Der Drill und die Ablenkung würden gut tun. Doch wie es der Zufall so will, ist das Training ausgefallen, weil der Trainer zu einer Beerdigung musste. Neuer Plan: Lauf zum Bikram-Yoga. Das Studio ist gut eine Meile entfernt, was mein Soll für heute erfüllen würde. Ich bin schon spät dran, als ich mir die vollgepackte Sporttasche auf den Rücken schnalle – flott jetzt, ab durch den Niesel. Die Sportausrüstung wackelt wild und laut auf meinem Rücken hin und her, die Trageriemen der großen Tasche rutschen mir immer wieder von meinen Schultern, während meine frisch gewaschenen Dynaflytes durch den Matsch platschen und ich unrund aber im Laufschritt vorwärts eiere. Wer hat sich diesen Streak Mist nochmal ausgedacht? Warum piept diese blöde Uhr nicht? Das muss doch schon 1km gewesen sein?! Jetzt muss ich auch noch ‘nen Umweg laufen… Nix beleuchtet hier. Also, das hier jetzt gerade ist totaler Quatsch! Hätte ich mich nicht zu dieser Challenge verpflichtet, wäre ich einfach kurz mit dem Rad gefahren… Beim 2km-Piepen meiner Fenix 5s bremse ich (endlich!) vorm Bikram-Studio. Wobei, doll bremsen musste ich nicht bei ‘ner 6:20er Pace. Kürzeste Strecke, langsamstes Tempo – gleich zwei Negativrekorde… läuft bei mir. Während der 90minütigen Hot-Yoga-Session rieselt draußen leise der Schnee, und ich glühe noch, als ich später über die dünne, weiße Decke zurück nach Hause schleiche. Der ruhige Gang in den Tag und die fordernden Übungen am Abend haben mir Kraft gegeben und mich abgelenkt. Auf das “Laufen” hätte ich heute verzichten können. (2,01km)

Streakrunning – Fr. 18./ Sa. 19./ So. 20.01.2019:

Das Wochenende, Fr. 18./ Sa. 19./ So. 20.01., verbringe ich mit Traillaufen. Ich mag leicht profiliertes Gelände und bin daher gern abseits befestigter Wege unterwegs. Das wechselnde Terrain mit kleinen Hindernissen und Anstiegen fordert Konzentration und Bewegungskoordination. Dabei bin ich ganz im Hier und Jetzt (andernfalls würde ich auch auf die Nase fliegen). 

Freitag habe ich genau eine Stunde Zeit – perfekt für ein Fahrtspiel auf weichem Waldboden! Es tut gut, sich offroad richtig auszupowern. (11,34km) 

Samstag finden die BSV Meisterschaften im Altonaer Volkspark statt – hier tanke ich zunächst beim Anfeuern Motivation und drehe danach selbst noch ein paar Schleifen. (11,26km)

In der Wintersaison werden (nicht nur in Hamburg) fast jedes Wochenende Wettbewerbe im Crosslauf veranstaltet. So sehr mich die Querfeldeinrennen auch locken, im Januar wollte ich mir selbst noch keinen Leistungsdruck durch eine Wettkampfteilnahme auferlegen, außerdem ist meine aktuelle Form gefühlt alles andere als konkurrenzfähig. Erfreulicherweise ist die Strecke der BSV Crosslaufserie auch am Sonntag noch gut markiert. Am Boden weisen die Pfeile aus Sägespänen leicht angefroren noch prima den Weg, sodass ich diese Runde in mein Training einbauen kann. Bonus: die DIXI-Clos befinden sich auch noch an der Strecke. 22km sind’s geworden – die brauchte ich auch, denn heute stand noch eine lange Autofahrt an. (22,06km)

Streakrunning – Mo. 21.01.2019:

Laufen in meiner Geburtsstadt. Mein Onkel wird am Nachmittag beerdigt. Wenn ich in der Heimat bin, schwirren ganz andere Sachen durch meinen Kopf als im Hamburger Alltag, und heute bin ich sehr emotional – die Gedanken wollen erstmal sortiert werden. Also raus an die frische Luft, ab ins Paradies, so heißt das Fleckchen Erde. Die ersten Kilometer raus aus der Stadt nehme ich kaum wahr, ich fliege fast durch das kleine Waldstück, alles vergeht ganz schnell. Ich denke nichts – und dann wieder sehr viel. Im Kopf die Gespräche mit der Familie, aber auch viel Ungesagtes… kaum bin ich in der Natur, muss ich Rotz und Wasser heulen. Alles rauslassen, alles loslassen. Das kann ich beim Laufen. Für mich ein Sicherheitsventil. Nicht nur Spaß und eitel Sonnenschein, sondern auch mal Traurigkeit, Tränen und Schnodder – weil's einem danach einfach besser geht. Kopf frei, leer gelaufen, dann kann man immer noch versuchen, ganz stark zu sein. Während der Beerdigung wird mir wieder klar, dass ich sowas auf keinen Fall “später” für mich selbst will – und der Rest meiner Familie soll bitte auch glücklich und gesund leben bis in alle Ewigkeit. Amen. Themawechsel. (13,51km)

Drei Wochen mache ich den Januar Streak jetzt. Woran ich mich immer noch gewöhnen muss, ist das Starten und Stoppen der Laufuhr. Eine Bedingung beim Streak-Running ist nämlich die geeignete Dokumentation der Laufeinheiten. Da ich gern nach Körpergefühl trainiere, besonders jetzt zu Beginn des Jahres, wo noch keine Wettkämpfe anstehen, laufe ich meist ohne Uhr. Ein lockerer Dauerlauf hat für mich etwas Meditatives, ich “nutze” ihn zum Stressabbau und zur Entspannung, manchmal einfach zum Tagträumen und Ideensammeln. Meine Leistungen kann ich dabei relativ gut einschätzen, und gerade der letzte Lauf hat mir gezeigt: Zahlen sind mir manchmal total egal.

Streakrunning – Di. 22.01.2019:

Ich entlasse Olli nach 9km zum wohlverdienten Mittagessen und ballere noch mal 9km allein auf Asphalt weiter. Unter der warmen Dusche bin ich immer noch durchflutet von Sauerstoff und Endorphinen, dankbar, dass ich die Zeit zwischen zwei Webinaren auf diese Art und in der Mittagssonne nutzen konnte. Ich fühle mich wohl mit meiner leicht vermuskelkaterten Figur, genieße das angenehme Zwirbeln in den Oberschenkeln und verordne mir für den Abend eine Einheit auf der Blackroll. Gesunder Körper, gesunder Geist. (18,54km)

Streakrunning – Mi. 23.01.2019:

Als ich zum 1:1 Lauftreff die Himmelsleiter hinunter stürme, blicke ich in ein schmerzverzerrtes Gesicht. Holger plagen Hüftschmerzen. Da diese nach ein paar Kilometern lockeren Laufens nicht besser werden, beschließen wir, unsere Mittags-Runde entsprechend abzukürzen.

Überforderung/Überlastung sind sicherlich mögliche Gefahren beim Streaken. Holger streakt zwar nicht, aber behutsam auf seinen Körper zu hören und Warnzeichen nicht zu ignorieren, sollte für jeden Sportler selbstverständlich sein. Wir Läufer sind vielleicht nicht immer die vernünftigsten Wesen… doch einen Lauf/Streak der Gesundheit zuliebe abzubrechen, ist kein Versagen, sondern charakterisiert einen mündigen Athleten. Bald fetzen wir wieder zusammen die Elbe entlang, Holger! (15,20km)

Streakrunning – Do. 24.01.2019:

Als ich am Abend nach Hause komme, überreicht mir unsere Nachbarin ein Paket von ASICS, das sie für mich in Empfang genommen hat. Jaaa man, neue Trailschuhe!! Die feuerroten Maschinen motivieren natürlich doppelt für eine nächtliche Offroad-Runde – ab durch die Hecke!! (15,69km)

Streakrunning – Fr. 25./ Sa. 26./ So. 27.01.2019:

Olli verbringt das Wochenende mit ein paar Studienfreunden in Dänemark, und ich nutze die Strohwitwen-Zeit, um mich mit Freundinnen zu treffen. Frühstück in der Schanze kann ich super mit einem Lauf verbinden. Ich schlüpfe in mein stylischtes Laufoutfit und jogge erstmal 5km locker mitten ins Geschehen. Das liebe ich ja an Hamburg – keiner scheint es sonderbar zu finden, wenn man im “sportlichen Look” irgendwo im vollen Szenelokal abhängt. Bei der Kälte draußen und dem entspannten Hertraben riech’ ich zum Glück auch nicht streng. 😉 Gut gelaunt und optimistisch (und mit was Gutem im Magen) geht’s nach den Treffen wieder energiegeladen vor die Tür – der Schweiß darf endlich fließen. (17,11km/12,18km/17,07km)

Streakrunning – Mo. 28.01.2019:

Olli ist gestern ziemlich k.o. aus DK zurückgekommen. Gelaufen wurde da nicht, hauptsächlich viel (Ungesundes) gegessen und getrunken. Ich freue mich, als er von sich aus, ganz diszipliniert, vorschlägt, heute zusammen aufzubrechen. Vielleicht wird aus ihm doch noch ein “Lebensläufer” mit intrinsischer Motivation?! … Das anfängliche Schnaufen ist laut, und ein paar Flüche übertönen unsere Schritte. Seitenstiche machen ihm zu schaffen. Als jedoch nach ein paar hundert Metern seine Bewegungen flüssiger und die Atmung ruhiger werden, scheint der Kater langsam zu entweichen, und ich erkenne auch auf seinem Gesicht ein seeliges Lächeln. Tadaaa, Laufen ist eben die beste Medizin – irgendwann merken alle, wie gut es tut! (19,02km, davon 8km mit dem tapferen Krieger)

Streakrunning – Di. 29.01.2019:

Morgens ist es glatt in Hamburg, doch #wirlaufenweilesseinmussnichtwieandereausversehen. 

Es gibt Tage, da muss ich alle paar Kilometer anhalten – nicht wegen der Wetterverhältnisse sondern weil ich mich schlupp fühle. Kein Bock. Heute ist so ein Tag. Egal, durchbeißen. Für heute hatte ich mir 15km vorgenommen, und ich denke an das Gefühl danach.

3,2,1… Der Endspurt beim #rwjanuarstreak wird mit einem schönen Sonnenaufgang belohnt. (15,05km)

Streakrunning – Mi. 30.01.2019:

Ich liebe nicht jeden Lauf, aber ich liebe das Laufen! Heute war’s wieder einfach geil. (18,01km)

Streakrunning – Do. 31.01.2019:

Den Gedanken, am letzten Tag evtl. noch einen persönlichen Rekord, eine runde Kilometer-Summe, irgendwas “Besonderes” zusammenzulaufen, hatte ich am Mittwoch schon verworfen, denn mir stand ein chaotischer Tag bevor… Beim Abendessen zeigt meine Uhr auch ohne Laufen mehr als 30k Schritte – ein Labyrinth aus Bällebad, Trampolin, Hochseilklettergarten und Bowling… Ich kann nicht darüber sprechen. 😀 Die letzten Laufkilometer absolviere ich um kurz vor knapp, also um kurz vor Mitternacht (unter einem fantastischen Sternenhimmel) – immer und immer wieder renne ich eine kurze, unbeleuchtete Hundegassi-Gasse auf und ab… So müssen sich “echte” Streaker mit leichter Torschlusspanik kurz vor 23:59 Uhr fühlen. Verrückt – aber so sind wir Läufer wohl. (4,04km)

Mein #rwjanuarstreak ist damit vollendet. Das war also mein erster (bewusster) Streak-Running Monat. Ich hatte wahrscheinlich schon welche zuvor, aber nicht wirklich reflektiert.

Streakrunning – mein Fazit:

Insgesamt bin ich diesen Januar 445,8km gelaufen (14,4km Tagesdurchschnitt, 100,7km Wochendurchschnitt). Das ist in Summe schon ein recht hoher Umfang und nur zu empfehlen, wenn man Erfahrung hat und die körpereigenen Ressourcen gescheit einzusetzen weiß. Das Streakrunning- „Mindestmaß“ stellt allerdings auch für Laufanfänger nicht wirklich eine körperliche Herausforderung dar. Wer gesund ist und täglich nur den “Notnagel” von einer Meile zurücklegt, wäre mit knapp 50km über den Monat verteilt dabei – es bleibt dann die mentale Herausforderung: sich eben jeden Tag zum Laufen “aufzuraffen”, komme was wolle.

Für mich war es nach der Verletzung eine schöne Art, wieder ins Laufen zu finden. Die einzelnen Umfänge sind noch nicht so hoch (kein Long Run von 30km+), und es ging erstmal wieder darum, Regelmäßigkeit ins Training zu bringen. Die Beständigkeit habe ich, jetzt wird es Zeit, wieder mit der Intensität zu spielen bzw. ernsthaft Tempo-Training in meinen Laufalltag zu integrieren. Mein erster Wettkampf ist ein Ultra Trail im April. In Vorbereitung auf die 60km werde ich in den nächsten Wochen wieder größere Distanzen zurücklegen. Eine Leistungsverbesserung benötigt allerdings auch Pausen zur Erholung, ansonsten bleibt der Trainingseffekt aus. Für mich ist “täglich eine Meile” keine Option. Um punktgenau fit zu werden, sind ein paar lauf-freie Tage sinnvoll, und ich mache auch einfach viel zu gern Alternativsportarten, als dass ich weitere Einheiten zeitlich immer draufpacken könnte.

Laufen ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Letztendlich zeichnen einen guten Läufer nicht die Anzahl der Lauf-Tage oder -Kilometer im Trainingstagebuch aus. Ich feiere jeden, der Freude an diesem Sport findet! „Come on along and have a real good time.“*

*”Le Freak” Songtext von Chic, leicht abgewandelt

Alle Fotos wurden von Oliver Bock gemacht.

STREAKRUNNING - MEIN GANZ PERSÖNLICHES LAUFTAGEBUCH 6

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